Einen Tag vor Heiligabend noch ein Pflichtspiel zu bestreiten, das allein ist für die Grün-Weißen nicht einmal außergewöhnlich. Wohl aber das, was sich heute vor exakt 50 Jahren zugetragen hat. Erstmals überhaupt nämlich in der Geschichte des DFB-Pokals traten zwei Teams – eins davon der VfL Wolfsburg – zu einem Elfmeterschießen an. Das zusätzlich Besondere: Den haushoch favorisierten Stars des FC Schalke 04 boten die Regionalliga-Wölfe zuvor nicht nur über insgesamt 240 Spielminuten (!) die Stirn. Nach einem 2:2 in Wolfsburg sowie einem 1:1 in der Glückauf-Kampfbahn im damals üblichen Wiederholungsspiel trugen sich dann am Elfmeterpunkt auch Szenen zu, die aus heutiger Warte unvorstellbar wären. Ingo Eismann (72), knapp 300-facher VfL-Verteidiger zwischen 1966 und 1978, war hautnah dabei.
Ingo Eismann, Wolfsburg gegen Schalke, das ist heute ein Treffen gestandener Bundesligisten. Wie waren die Kräfteverhältnisse 1970?
Ingo Eismann: Wir kamen aus unterschiedlichen Welten. Die Schalker waren hochprofessionell organisiert, hatten viele Fans in ganz Deutschland. Dagegen waren wir reine Amateure und sind im Hauptberuf im Werk arbeiten gegangen. Sicherlich war der VfL im Sommer vorher durch die Teilnahme an der Bundesliga-Aufstiegsrunde überregional bekannter geworden. Trotzdem war die Ausgangslage so, dass man sich auf Schalke wohl dachte: Wer ist eigentlich dieser VfL Wolfsburg?
Für den VfL war es erst die fünfte Teilnahme im Wettbewerb, für die zweite Runde hatte es noch nie gereicht. Welchen Stellenwert hatte der DFB-Pokal?
Eismann: Es war eine Riesensache, gegen solche Gegner antreten zu dürfen, besonders für mich als jungen Spieler. Und die Paarung hat richtig gezogen: Im VfL-Stadion hatten wir über 20.000 Zuschauer. Es wurden zusätzlich Bänke auf die Tartanbahn gestellt, um mehr Leute unterzubringen. Normal war für uns ein Publikum von vielleicht 3.000 zu der Zeit. Auch wenn wir immer gleich rausgeflogen waren, blieb der DFB-Pokal ein reizvolles Ziel. Wir mussten uns ja erst über den regionalen Pokal qualifizieren.