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„Ohne die Fans hätten wir es nicht geschafft“

Abschlussinterview mit Dr. Tim Schumacher – Teil 1.

Tim Schumacher einer der Geschäftsführer des VfL Wolfsburg.

Das Kalenderjahr 2017 war für alle Grün-Weißen, neutral formuliert, ein sehr intensives. Sportlich bekamen die Wölfe wenig zustande, mühten sich zu ihren Punkten und landeten – 20 Jahre nach dem Aufstieg – nach der tabellarisch schwächsten aller Spielzeiten in der Relegation. Wie er sein erstes komplettes Jahr als VfL-Geschäftsführer erlebt hat, darauf blickt Dr. Tim Schumacher noch einmal zurück. Im ersten Teil des Jahresabschlussinterviews spricht der 43-Jährige über die schwierige Jubiläumssaison, die große Feier im Anschluss und den Anteil der Fans an der Rettung.

Dr. Tim Schumacher, wenn Sie das gesamte VfL-Jahr als Fieberkurve nachzeichnen müssten: Wie würde sie von Januar bis Dezember verlaufen?

Dr. Tim Schumacher: Das Jahr war sehr wechselhaft, geprägt natürlich von der schwierigen sportlichen Situation. Nach dem ungemütlichen Winter konnten wir uns im März ein wenig erholen. Dann folgten die letzten Saisonwochen, in denen es uns wirklich nicht gut ging. Erst als wir die Relegation überstanden hatten, war ein Durchatmen möglich. Mit Blick auf die jüngsten Wochen lässt sich nun feststellen, dass der VfL sich weiterentwickelt hat und auf dem Weg der Besserung ist.

Die Rückrunde der alten Saison verlief, Sie sagen es, ausgesprochen schwierig. Wie konnte es rückblickend dazu kommen, dass der VfL erstmals in die Relegation gehen musste?

Schumacher: Dass es sich so entwickeln würde, hätten wir uns alle nicht ansatzweise vorstellen können. Es ist viel zusammengekommen: Trainerwechsel, Veränderungen im Kader, dazu Spieler, die ihre Qualitäten nicht abrufen konnten. Zudem fehlte das Selbstvertrauen und am Ende sicher auch noch die Nervenstärke, die man im Abstiegskampf braucht. So kam es zum Tiefpunkt in Hamburg mit dem bitteren Gegentor kurz vor Schluss. Zum Glück haben wir danach alle Kräfte mobilisiert und trotz extremer Drucksituation in der Relegation das Schlimmste verhindert.

Welche Lehren hat der Verein aus dem Fast-Abstieg gezogen?

Schumacher: Wir haben vieles infrage gestellt, Strukturen verändert, im Grunde jeden Stein umgedreht. Inzwischen sehe ich uns in vielen Bereichen besser und effektiver organisiert. Olaf Rebbe hat den Kader neu aufgestellt und dabei verjüngt sowie zudem auch die Strukturen im Sportbereich neugeordnet und optimiert. In einem waren wir uns natürlich einig: dass es so weit nie wieder kommen darf. Letztendlich hat das Jahr uns alle eng zusammengeschweißt. Der Zusammenhalt zwischen Fans, Klub und Stadt Wolfsburg war einmalig. Das hat uns auch für die Zukunft geprägt.

Ausgerechnet in diesen Sommer fiel zugleich die große Feier zum 20-jährigen Bundesliga-Jubiläum. War eine unbeschwerte Planung da überhaupt möglich?

Schumacher: Emotional war es unheimlich schwierig, sich auf die Relegation vorzubereiten und gleichzeitig eine Feier zu organisieren, zumal solche Feierlichkeiten von langer Hand geplant werden müssen. Als es dann so weit war, hat man überall die riesige Erleichterung gespürt. Sich 20 Jahre in der Bundesliga zu halten, ist einfach nicht selbstverständlich. Das hat die letzte Saison noch einmal ganz klar verdeutlicht.

Der Zuspruch zur Grün-Weißen Nacht und zum Jubiläumsspiel hat dann gezeigt: Die Fans hatten der Mannschaft schnell verziehen.

Schumacher: Ich glaube, die meisten konnten das trennen. Natürlich war die aktuelle sportliche Lage an diesem Wochenende ein Thema. Trotzdem ging es darum, das große Ganze zu feiern, also die historische Leistung des Aufstiegs und der zwei Jahrzehnte danach. Dem berechtigten Stolz der Wolfsburger über diese Marke hat die schwache letzte Saison zum Glück nichts anhaben können. Es war eine Freude zu sehen, wie Fans, Aufstiegshelden und Allstars miteinander gefeiert haben.

Einen weiteren Abend mit Gänsehaut-Momenten gab es zwei Monate später im Scharoun-Theater.

Schumacher: Dieser Abend war ein absolutes Highlight, die „20“-Premiere hat uns alle einfach umgehauen. Vielen Dank noch einmal an David Bebnowski, Chris Krüger und Lars M. Vollmering, den Initiatoren des Films, sowie allen Fans und Unterstützern. Ohnehin kann man, was die VfL-Fans in der letzten Spielzeit geleistet haben, gar nicht genügend würdigen. Je schwieriger die Lage wurde, desto größer war die Unterstützung. Die vielen Aktionen vor den Spielen, während der Partien ohnehin und ganz besonders rund um die Relegation, mit der Filmpremiere als Krönung – dieser Schulterschluss war überragend und hat für das gute Ende den Ausschlag gegeben. Für mich steht fest: Ohne den Einsatz unserer Fans hätten wir es niemals geschafft.