12. September 1945 - Der VfL kommt auf die Welt

Die Welt, in die die Wölfe hineingeboren wurden, war rau: Im vom Zweiten Weltkrieg zerstörten Wolfsburg existierte bis auf die Kirchen im Jahr 1945 kein Kulturgeschehen. Nichts als harte Arbeit hatten die Menschen im Sinn, um das Gebliebene zu verbessern und aus den Trümmern eine neue Stadt entstehen lassen. Aber es gab einige Enthusiasten, die meinten: „Wir brauchen einen Sportverein, um mit der wenigen freien Zeit etwas Sinnvolles anzustellen.“

Am 12. September 1945 war es so weit: In einer Baracke an der Reislinger Straße wurde gegen 19 Uhr Ortszeit von einer Frau und elf Männern der VSK Wolfsburg aus der Taufe gehoben, der kurze Zeit später in den „Verein für Leibesübungen Wolfsburg“ umbenannt wurde. Die Gründungsmitglieder waren Irma Dziomba, Herbert Chall, Sepp Dietz, Alois Dilla, Willi Hilbert, Kurt Lindner, Heinz Schacht, Arthur Schickl, Erich Schilling, Adam Schröck, Fritz Walb und Rudolf Zenker. Ins Leben gerufen wurden die sieben Sparten Fußball, Handball, Turnen, Tennis, Radsport, Boxen und Schach. Man hatte sich bewusst auf einen allgemeinen Vereinsnamen verständigt, um sich nicht auf eine Sportart festlegen zu müssen.

Vereinsgaststätte wurde das Lokal „Zum Brandenburger Adler“ am Rothenfelder Markt in der Nähe des späteren Amtsgerichts. Der Sportplatz lag zwischen dem damals einzigen Gymnasium in Wolfsburg und einer Fläche Weideland, die bis zum Kriegsende der Deutschen Arbeitsfront gehörte. Die erste VfL-Geschäftsstelle befand sich in der Rathaus-Baracke am Steimker Berg. Wie es zu den Vereinsfarben kam, war kurios. Der damalige Kreisjugendpfleger Bernward Elberskirch hatte noch zehn Jerseys in Grün auf Lager. Privat gespendete Bettlaken in Weiß waren das Material für die ersten Hosen, die die Frauen nähten. Später übernahmen die Stadtväter von Wolfsburg die Farbkombination Grün-Weiß.

Da es in Wolfsburg im Jahre 1945 noch keine Zeitungen gab – die Siegermächte hatten es verboten – organisierte das Vereinsmitglied Nummer 1, Rudolf Zenker, einen PKW mit aufmontiertem Lautsprecher, fuhr durch die Stadt und bat die Bewohner um Sportgeräte, die sie vielleicht noch vorrätig hatten. Auch aus dem zerstörten Volkswagenwerk konnten einige Sportgeräte sichergestellt werden. Um an Fußbälle und Schuhe zu gelangen, tauschten die Vereinsmitglieder Nahrungsmittel, Zigaretten, Alkohol und Zuckerrüben ein. Um überhaupt eine Ausrüstung für den beliebten Ballsport zu bekommen, musste man schon viel Glück haben. Es waren zu der Zeit absolute Raritäten.

Das erste Spielgeschehen der VfL-Fußballer fand in den ländlichen Randgebieten der Umgebung statt, mit Pferdefuhrwagen und Holzgasbussen transportierte man die Fußballer zu den Partien. Und Honorare gab es für die ersten VfL-Spieler auch: Allerdings bekamen sie kein Geld, sondern spielten – im wahrsten Sinne des Wortes – für `n Appel und `n Ei.